Liebenswert
Die beiden, die mich auf einen historischen Ortsrundgang mitnehmen, stellen eines gleich klar. „Wir haben hier nicht die tollen alten Bauwerke, weil Flein nie reich und Wengerter.“ Dennoch sei Flein ein liebenswerter Wohnort mit funktionierendem Gemeinwesen, tollen Vereinen, einer guten Infrastruktur und persönlicher Ansprache. „Wer sich ein bisschen engagiert, der kriegt hier schnell Anschluss. Man kennt sich, und das ist schön"
Startpunkt für die Tour ist der Rathausplatz, dessen Mittelpunkt der Künstlerbrunnen von Hans Epple bildet – gefertigt aus „flins“, dem Felsen, der Flein – in seiner ersten Erwähnung „Flina“ genannt – seinen Namen gab. Gewidmet ist das dieser Tage trockengelegte Kunstwerk aus Nagelfluhfelsen dem Heiligen Sankt Veit. „Veit im Häfele“, der auch das Ortswappen ziert.
Begrenzt wird der Platz, an dem sich früher ein Weiher befand, vom neuen Rathaus, der Kellergasse, die so heißt, weil sich ehemals die Fleiner Wengerter, die wegen des hohen Grundwasserspiegels keinen eigenen bauen konnten, dort in extra groß gebauten Kellern Räume anmieten konnten und dem alten Rathaus, einem der wenigen Gebäude aus dem 16. Jahrhundert.
"Bis in die 1960er Jahre stand da noch eine große Viehwage davor" weiß Wanner. Und Münzing errgänzt: „Da gab es noch viele Bauern im Ort. Das war, bevor alle Aussiedlerhöfe gebaut haben.“
Einfach nur Kunst
Gleich neben dem Brunnen das nächste Kunstwerk: Dort, wo einst das Milchhäusle stand, findet man heute die Köpfe von vier Herren. Alte Fleiner? „Nein“, sagt Historiker Peter Wanner, „einfach nur Kunst.“ Eine Leihgabe von Guido Messer. Ebenso wie die Figuren auf dem Verkehrskreisel, in Flein einfach „der Platz“. „Das war früher der Treffpunkt im Ort“, „Da hat gefeiert, und zur Kerwe stand dort immer das Karussell.“ Rund um den Kreisel wird die Architektur von 1970er Jahre-Bauten bestimmt. Und das, obwohl Flein den Zweiten Weltkrieg fast ohne Zerstörung überstanden hat. Nur ein einziges Gebäude sticht ins Auge "Das schöne alte Gasthaus Lamm, aber das wird leider demnächst auch abgerissen", bedauert der Historiker.
Nagelfluhfelsen
Weiter führt der Weg zum liebevoll eingerichteten Domizil des Heimatvereins im Felsenhaus, dessen Fassade und die Statik gerade saniert werden. Drinnen wird nicht nur die Geschichte des Bauern- und Wengerterdorfes sichtbar, sondern auch der Nagelfluhfelsen, der naturbelassen das Untergeschoss ziert. „Bearbeiten lässt der sich nicht.“
Vom Felsenhaus aus beginnt – vorbei am Pfarrhaus, das dort gebaut wurde, wo die alte Schule stand – der Aufstieg zur evangelischen St.-Veit-Kirche. „Die stammt zwar aus den 1840er Jahren und ist damit noch relativ jung, aber architektonisch interessant“, erklärt Peter Wanner. Weil nämlich der Platz zu knapp geworden war, hat man beim Bau im 19. Jahrhundert das Kirchenschiff gedreht, aber den ursprünglichen Turm aus dem 12. oder 13. Jahrhundert beibehalten. „Deshalb steht der auch nach Süden“, fügt der Historiker hinzu. „Flein war übrigens zutiefst evangelisch. Als Dorf der Reichsstadt Heilbronn ist es bereits in den 1530er Jahren reformiert worden.“ Erst als nach dem Zweiten Weltkrieg Heimatvertriebene kamen, wurde eine katholische Kirche gebaut. Im Kirchhof ein weiteres Zeugnis des engagierten Heimatvereins: Dort stehen alte Grabsteine – allesamt tragen die Inschriften alteingesessener Fleiner Familien
wie den Münzings. „Egal wo auf der Welt Sie einem Münzing begegnen, die Vorfahren stammen von hier“, erläutert der Namensvetter.