Die Sanierung des Felsenhauses in Flein gleicht einer Operation am offenen Herzen
Flein - Das Holztragwerk am historischen Gebäude hat quasi keine Last mehr übernommen. Ende August soll die aufwendige Sanierung beendet sein.
Bericht von Sabine Friedrich, Heilbronner Stimme, 20. Juli 2020
Die Rekonstruktion des Fachwerks ist in vollem Gange. An der Wetterseite des Felsenhauses in der Ilsfelder Straße müssen viele Holzteile ausgewechselt werden, teilweise werden Prothesen eingesetzt.
Fotos: Sabine Friedrich
Es gleicht einer Operation am offenen Herzen, was derzeit am Felsenhaus in Flein geschieht. An der Giebelseite klafft eine riesige Wunde. Die Gefache sind ausgebrochen, das alte Fachwerk, Herzstück des historischen Gebäudes, wird größtenteils ausgewechselt. Seit rund vier Woche sind die Handwerker dabei, die vielen Schäden zu beseitigen.
"Die Balken haben nichts mehr getragen. Das Holztragwerk hat keine Last mehr übernommen", beschreibt Zimmerer Julian Nock den Zustand des Fachwerks. Nur Putz und Steine hätten das Haus, das 1713 erstmals im Archiv der Gemeinde erwähnt ist, zusammengehalten, lautet das Urteil des Capos.
"Die Giebelseite ist schon massiv geschädigt", bestätigt Bauleiter Benedikt Borner von der Firma Jako Baudenkmalpflege aus Rot an der Rot. In der Schadenskartierung ist ein Großteil der Balken rot markiert, was massiv geschädigte Bauteile bedeutet. Dazu kommen zwei weitere Abstufungen in Gelb und Blau.
Mehr Schein als Sein
Mit Zapfen werden die neuen Bauteile zusammengesteckt.
Einiges ist mehr Schein als Sein. Von außen sehe das Gebäude gar nicht so schlecht aus, wenn man aber genauer hinschaue, dann erkenne man, dass Bretter auf die alten Balken aufgenagelt worden seien. Ohne große Wirkung. "Das stabilisiert nicht", weiß Zimmerer Nock. Zudem habe das dem Holz darunter nicht gut getan. Denn Nägel seien meist Angriffspunkte, an denen Wasser eindringen könne.
Der junge Handwerker holt einen der maroden Balken, der teils zerbröselt und von Holzschädlingen zerfressen ist. "Man hat einfach nur Beton reinlaufen lassen", weist er auf die Spuren eines Restaurierungsversuchs hin. "Oft hat man früher gepfuscht", lautet Nocks Kommentar. Das kann der Handwerker an der Westseite zur Ilsfelder Straße hin untermauern. In dem Gefache, auf dem die Hausnummer elf steht, sei im linken Eckpfosten "nichts drin. Er ist nur aufgemalt", stellt er kopfschüttelnd fest.
Das Gebäude wird behutsam saniert
Julian Nock zeigt einen der maroden, bröselnden Balken.
"Das Gebäude ist nicht denkmalgeschützt, aber wir behandeln es als Denkmal", macht Zimmermeister Borner deutlich, wie behutsam die Sanierung erfolgt. Es werde nur ausgetauscht, was unbedingt notwendig ist. Was an alter Substanz für die Gefache auf der Wetterseite noch taugt, werde wieder ausgemörtelt, dann mit einem Kalkputz und schließlich einem Anstrich aus Silikonfarbe versehen, die atmungsaktiv ist. "Sonst schwitzt das Gebäude wieder." Vom Haus ist er sehr angetan, es sei ein wunderschönes Gebäude. Dass es um den Nagelfluhfelsen errichtet worden ist, beeindruckt den Zimmermeister.
Zwei Zimmerleute, ein Stukkateur und drei Bauhelfer haben es mit einer engen Baustelle an der vielbefahrenen Ortsdurchfahrt zu tun. "Es ist schon alles relativ eng und laut", meint Nock. Für einen Kran reicht der Platz nicht, so dass die Ersatzbalken mit einem Gerüstaufzug in die Stockwerke gehievt werden.
Der Eckpfosten gibt nur vor, einer zu sein. Er ist aufgemalt.
Von unten nach oben wird das Fachwerk rekonstruiert. Die Holzteile werden mit Zapfen zusammengesteckt. Da muss millimetergenau zurechtgesägt werden. Im ersten Obergeschoss sind Pfosten, Riegel, Rähm und Schwellen aus Fichte bereits gesetzt, nur die Streben fehlen noch. In drei bis vier Wochen, so schätzt Borner, können die Zimmerleute von den Maurern abgelöst werden, so dass bis Ende August die Sanierung, die auch Steinmetzarbeiten umfasst, fertig sein sollte. Dann kann der Heimatverein sein Domizil im Ortskern wieder einräumen.
Die Sanierung verschlingt viel Geld.
Im Sommer vergangenen Jahres hat die Gemeinde Flein das Felsenhaus in der Ilsfelder Straße aus Sicherheitsgründen gesperrt. Die Statik des Domizil des Heimatvereins war nicht mehr gewährleistet. Die Schadenskartierung der Firma Jako hat ergeben, dass eine aufwendige Sanierung notwendig ist. Und die verschlingt viel Geld. Im Juni hat der Gemeinderat den Auftrag über rund 247.000 Euro an die auf Baudenkmalpflege spezialisierte Firma vergeben.
Im Felsenhaus hat der Heimatverein seine Sammlung an haus- und landwirtschaftlichen Gerätschaften untergebracht.